Winter am Strom

Mondhell war die Nacht, voll klarem Frost.
In der Frühe ist der Schnee gefallen.
Und nun trägt der Wind aus Ost
übers Feld die Wolkenballen.

Glutlos zieht erstarrtes Licht herauf.
Wo die Wiesen sich zum Strom hin neigen,
recken Weiden dürre Arme auf.
Schnee bricht lautlos aus den Zweigen.

Von dem Zaune schimpft die Rabenschar
heiser ihr Gekrächze in die Stille.
Emsig wippend strolcht ein Elsternpaar
in das Grau der dünnen Nebelhülle.

Träge zieht der Fluß durchs Land,
führt in grünlich-weißen Stücken
und mit silbern aufgebogenem Rand
Treibeis talwärts auf dem breiten Rücken.

Als des Winters Boten flattern scheu
wilde Enten hoch vom Eise.
Möwen ziehen mit Geschrei
hungrig überm Fluß die Kreise.

Müde geht der Ostwind nun zur Ruh.-
Wieder tanzt das Flockenheer den Reigen,
deckt das letzte Fleckchen Erde zu,
das vom Frühling träumt im kalten Schweigen.

 

 

Prosa, Gedichte und Zeichnungen von: Gerd Gailing